Am 4. Juni 2024 wäre Alexei Navalny, der mutige, der todesmutige russische Bürgerrechtler 48 Jahre alt geworden. Er hat seinen Geburtstag nicht mehr erleben dürfen. Stattdessen haben wir in einem Gottesdienst in der St. Marienkirche an ihn erinnert, Dank gesagt, dass er geboren war, dass er lebte. 47 Jahre durfte die Welt seinen Mut, seine Unbeugsamkeit, und auch seinen Humor mit ihm teilen. Viele Jahre von diesen 47 bestanden in einem Ringen, einem Suchen nach Freiheit und Gerechtigkeit, darin immer wieder Haft und Gefängnis, Drangsalierung, seelische Folter und körperliches Erniedrigen, Zersetzen, Vergiften, krank und kaputt machen. Er stand mit seinem Lebensweg all dem zum Trotz – auch den eigenen Umwegen zum Trotz – für Freiheit, für innere Freiheit.

Wenn ein Mensch geboren wird, dann kommt er mit etwas auf die Welt, was wir Würde nennen. Menschenwürde. Sie gilt jedem Menschen und sie bleibt auch, egal wie zerschunden und erniedrigt ein Mensch wird. Denn die Würde ist von Gott und sie ist für jeden Menschen gleich. Diese Würde hat ihm niemand nehmen können. In den Prozessen nicht, im Sterben nicht. Es ist das Unverwechselbare, was Gott schenkt und was uns mit Gott verbindet.

Am Geburtstag, wenn wir das Leben und den schrecklichen Tod erinnern, wenn wir festhalten, was Gott geschenkt und was er versprochen hat, über den Tod hinaus, wenn das alles in uns lebt, dann verabreden wir auch, was sein soll. So haben wir es auch beim Gottesdienst in der Marienkirche gemacht: Verabredet, dass wir weitertragen, wofür Alexei Navalny sein Leben gegeben und den Tod gefunden hat. Freiheit. Seine Hoffnung auf ein freies Land. Freundschaft mit allen, die dafür eintreten. Freundschaft mit den mutigen Menschen, die Alexei Navalny erinnern und seine Worte weitertragen. Das haben wir zugesagt, einander, der Welt. Geburtstage sind für solche Verabredungen da. Und für die Hoffnung, ja das Zutrauen, dass Freiheit und Gerechtigkeit siegen.