Studie zu sexualisierter Gewalt veröffentlicht

Studie zu sexualisierter Gewalt veröffentlicht

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Studie zu sexualisierter Gewalt veröffentlicht

Mit einem Bekenntnis zur Verantwortung der evangelischen Kirche für das Versagen beim Schutz vor sexualisierter Gewalt und zur konsequenten Aufarbeitung des verursachten Unrechts hat die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, am 25. Januar die in Hannover vom Forschungsverbund ForuM veröffentlichte Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche entgegengenommen. „Wir übernehmen als evangelische Kirche und Diakonie Verantwortung für die Gewalttaten, die von Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen unserer Institution begangen wurden,“ so Bischöfin Fehrs. „Dazu gehört es als erstes, klar zu sagen: Wir sind auch als Institution an unzählig vielen Menschen schuldig geworden. Und ich kann Sie, die Sie so verletzt wurden, nur von ganzem Herzen um Entschuldigung bitten.“ Diese Bitte um Entschuldigung könne aber nicht unverbunden stehen, so die amtierende Ratsvorsitzende: „Sie ist unbedingt auch Verpflichtung! Sie kann nur glaubwürdig sein, wenn wir auch handeln und Verantwortung übernehmen. Mit Entschlossenheit also ganz konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen, die greifen.“ Dazu sei auch eine Haltungs- und Kulturveränderung notwendig. „Es geht nicht um abarbeiten, es geht um aufarbeiten. Und um möglichst angemessene Formen der Anerkennung des erlittenen Unrechts“, so Bischöfin Fehrs. Das sei „eine Verantwortung und Verpflichtung, die niemals aufhört.“

Bei der Vorstellung der Ergebnisse zeigte sich Kirsten Fehrs erschüttert über die schweren Gewalttaten: „Ich bin erschüttert. Ich kann es nicht anders sagen. Immer wieder neu, seit ich mich mit dem Thema befasse, erschüttert mich aufrichtig diese abgründige Gewalt, die so vielen Menschen in der Kirche angetan wurde.“ Die brutale Gewalt und das unsägliche Unrecht erschüttere auch die Grundfeste von Kirche und Diakonie: „Wir sprechen hier über Gewalt auch an Kindern, etwa in Kitas, von der niemand etwas gewusst haben will. Wir sprechen über ein Wegsehen des Umfelds, der Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen, und schlicht über das massive Versagen unserer Kirche, den betroffenen Menschen gerecht zu werden. Wir haben sie zur Tatzeit nicht geschützt und wir haben sie nicht würdig behandelt, als sie den Mut gefasst haben, sich zu melden,“ so Bischöfin Fehrs.

Der Forschungsverbund „ForuM – Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Wazlawik hatte heute in Hannover die Ergebnisse der Aufarbeitungsstudie an die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, übergeben. Die ForuM-Studie ist die erste deutschlandweite wissenschaftliche Studie zu sexualisierter Gewalt im Bereich der protestantischen Kirche. Sie ist ein wichtiger weiterer Schritt der Aufarbeitung für die evangelische Kirche und Diakonie in Deutschland.

Ende 2020 hat der Forschungsverbund ForuM (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland) mit einer breit angelegten unabhängigen Studie zum Thema sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche seine Arbeit aufgenommen. Der Forschungsverbund ForuM veröffentlichte seine Ergebnisse am 25. Januar 2024. Sie werden unter anderem auf der Website zur Studie verfügbar sein.  Die Studie ist ein unabhängiges und breit angelegtes wissenschaftliches Forschungsprojekt, welches von der EKD 2020 in Auftrag gegeben wurde und alle Landeskirchen in den Blick nimmt. Die Studie hat zum Ziel, eine Analyse evangelischer Strukturen und systemischer Bedingungen, die (sexualisierte) Gewalt und Machtmissbrauch begünstigen, vorzulegen. Mit den Ergebnissen soll eine empirische Basis für weitere Aufarbeitungsschritte der evangelischen Kirche und Diakonie gelegt werden.

Die EKD und Landeskirchen erhoffen sich von der Studie eine wissenschaftliche Einschätzung des Ausmaßes von Missbrauch und sexualisierter Gewalt im Bereich der Ev. Kirche und Erkenntnisse dazu, welche Strukturen innerhalb der Institution Taten von sexualisierter Gewalt begünstigten sowie welche Bedingungen zu Situationen führten, in denen Taten nicht erkannt, gestoppt oder gar vertuscht wurden.

Auf Grundlage der Ergebnisse sollen die Aufarbeitung, Prävention und Intervention in den einzelnen Landeskirchen qualitativ weiterentwickelt und vorangetrieben und die Begleitung und Unterstützung von Betroffenen weiter verbessert werden. Die Schlüsse aus der Studie sollen darin unterstützen, Strukturen so zu verändern, dass Taten sexualisierter Gewalt möglichst frühzeitig erkannt, bzw. verhindert werden können.

Bischöfin Fehrs dankte allen Mitwirkenden an der Studie. „Ich stehe mit Achtung und Respekt davor, dass so viele betroffene Menschen trotz allem ihre Erfahrungen von Leid und Unrecht mit den Forschenden geteilt haben und sich aktiv in den Forschungsprozess eingebracht haben. Ohne ihre Mitarbeit wäre diese unabhängige ForuM-Studie, die wir als EKD ja gerade wegen ihres überzeugenden betroffenen-partizipativen Konzeptes favorisiert haben, nicht möglich gewesen. Und so achte und respektiere ich ausdrücklich auch die konzentrierte, kritische und intensive Arbeit von allen Forschenden, die an diesem großen Projekt beteiligt waren. Hier wurde nicht allein nüchterne Forschung betrieben, hier wurde sich bei aller wissenschaftlichen Distanz auch persönlich sehr stark für Aufarbeitung und gegen sexualisierte Gewalt eingesetzt“, sagte Bischöfin Fehrs.

Die Ergebnisse und konkreten Empfehlungen werden nun in Kirche und Diakonie intensiv auf allen Ebenen diskutiert. Dazu werden sich über das Jahr 2024 alle Leitungsgremien der EKD, aber auch landeskirchliche Synoden und die evangelische Öffentlichkeit mit den Ergebnissen beschäftigen. Die zentrale Rolle spielt dabei das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD. Darin werden kirchliche Beauftragte und Betroffenenvertreter*innen die Ergebnisse gemeinsam mit den Forschenden analysieren, die Diskussionen aus anderen Gremien und Ebenen zusammenführen und im November 2024 der Synode der EKD einen Maßnahmenplan mit Konsequenzen aus der Aufarbeitungsstudie ForuM vorlegen.

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